Jetzt lebt er allein mit vielen Erinnerungen in der großen Wohnung der Familie. Der Sonntag war Familientag und zum ersten Mal, seitdem er allein ist, lädt er eine seiner Töchter mit ihrem Mann und den Enkelkindern zum Sonntagsessen ein. Er bereitet alles vor, er kocht aus dem Rezeptbuch seiner Frau, eine neue aufregende Erfahrung. Schweißtreibend. Dann der Anruf, der Neues in Bewegung setzt!
Feinfühlig, durchaus melancholisch erzählt Fabio Geda von Hoffnung, Nähe und unerwarteten Perspektiven.
Blumenbar/aufbau 2020 / Übersetzer/in Yasemin Dinçer / Geb. / 240 Seiten / 20,00 €
Eine Empfehlung von unserer Auszubildenden Sophie Wray
Zwei Schwestern mit den verschiedensten Qualitäten: Korede, die Ältere, keine Augenweide, aber immer zuverlässig und gründlich, arbeitet als Krankenschwester. Und Ayoola, die Jüngere, schön und flatterhaft, ist Modedesignerin und: Sie neigt dazu, ihre Männer umzubringen. Korede, pflichtbewusst, wie sie ist, hilft beim Beseitigen von Spuren und Leiche, denn immerhin hat Ayoola in Selbstverteidigung gehandelt, so wie bei den anderen Malen zuvor. Sagt sie.
Das Messer im Rücken des Opfers: Korede lässt die Motive ihrer Schwester zum ersten Mal hinterfragen. Und als Ayoola ein Auge auf Tade wirft, der umwerfende Arzt aus dem Krankenhaus, für den Korede schon so lange schwärmt, muss sie sich fragen, wen sie von nun an beschützen will und sollte.
Ein flüssig zu lesendes Buch, dass nicht nur überraschend viel Spaß macht mit seinem schwarzen Humor, sondern die Leserin/den Leser dazu anregt, wie die Erzählerin selbst, Richtig und Falsch aus neuen Perspektiven zu sehen.
Rowohlt Berlin 2019 / Geb. / 304 Seiten / 22,00 € Eine Empfehlung von Nina Schramm
Vor etwa 20 Jahren hatten Heidi und Georg eine kurze Affäre, aus der ein Kind hervorgegangen ist: Charlotte, genannt Lotte, wächst bei Heidi auf. Der Kontakt zum Vater ist eher sporadisch. Heidi und Georg haben wenig miteinander gemeinsam, sie mögen sich nicht einmal besonders. Aber Lotte ist eigensinnig, widerspenstig und psychisch labil – sie braucht beide.
Als Lotte plötzlich spurlos verschwindet, müssen sich Heidi und Georg zusammenraufen. Die Spuren ihrer Tochter führen nach Südostasien und so machen sich die beiden im Grunde völlig Fremden auf den Weg. Die etwas kleinbürgerliche Heidi, die noch nie in einem Flugzeug saß und der weltoffene Georg müssen sich auf der Suche auch ihren eigenen Ängsten stellen, sich gegenseitig öffnen, ihre jeweiligen Lebensentwürfe hinterfragen.
Mare Verlag 2019 / Geb. / 192 Seiten / 20,00 € empfohlen von Gabi Klinski
Ich habe ein Faible für skurrile
Figuren und ebensolche Momente im Alltäglichen, die sperrig sind,
nicht perfekt, dabei gut gemeint „daneben“ gehen. Die beiden
Protagonisten im Roman des Niederländers Mathis Deen verkörpern
genau dieses Bild. Zu Beginn der Geschichte lernt der Leser Jan
kennen, jung, Anfang 20, Bauer. Bauernhof „unterm“ Deich nahe der
Nordsee, Winter, tiefer grauer Himmel, die Arbeit ist erledigt, weit
und breit niemand da zum Reden. Was tun? Seine Eltern haben ihm
wenige Monate zuvor – nach einem arbeitsreichen Leben – den Hof
vermacht und sind Richtung Süden aufgebrochen, dabei sind sie leider
von der Fahrbahn abgekommen.
Jetzt ist Jan allein und auf sich
gestellt. Durch eine Kontaktanzeige, pragmatisch formuliert, lernt er
Wil kennen. Sie sucht nicht den Kontakt, nicht die Liebe, sondern
Ruhe von dem Stadtleben und ein Haus mit Meerblick. Zwei Menschen mit
unterschiedlichstem Naturell versuchen zusammen zu finden. Komisch,
berührend und gar nicht so fremd ist diese Geschichte von
„Sehnsucht, Träumen und Einsamkeit“ (Het Parool).
Im spießig verklemmten England der
Sechziger verliebt sich der 19jährige Paul in die fast 30 Jahre
ältere, verheiratete Susan. Nach außen hin ist Paul Susans
Tennispartner, doch schon bald durchschaut ihr Umfeld die Fassade.
Susan wird in ihrer Kleinstadt vor den Toren Londons zur „persona
non grata“, Pauls Eltern sind überfordert und reagieren mit
Sprachlosigkeit und Ignoranz. Doch die beiden genießen die
gesellschaftliche Ausgrenzung beinahe und auch Susans
leidenschaftsbefreitem Ehemann bleibt schließlich nichts anderes
übrig, als die Beziehung der beiden zähneknirschend zu tolerieren.
Fast ein Jahrzehnt bleiben Susan und Paul zusammen.
Barnes´ Roman ist in drei Teile
gegliedert und während der erste vom Liebesrausch des Anfangs
erzählt, so der zweite vom Scheitern der Beziehung und der dritte
vom Leben danach, auf das der fast 70jährige Paul am Ende
zurückblickt.
Ein großartig erzählter Roman über
Glück und Schmerz einer großen Liebe, die Barnes im Kontext einer
bestimmten Zeit und Gesellschaft klug und zuweilen fast philosophisch
reflektiert.