Mare Verlag 2019 / Geb. / 192 Seiten / 20,00 € empfohlen von Gabi Klinski
Ich habe ein Faible für skurrile
Figuren und ebensolche Momente im Alltäglichen, die sperrig sind,
nicht perfekt, dabei gut gemeint „daneben“ gehen. Die beiden
Protagonisten im Roman des Niederländers Mathis Deen verkörpern
genau dieses Bild. Zu Beginn der Geschichte lernt der Leser Jan
kennen, jung, Anfang 20, Bauer. Bauernhof „unterm“ Deich nahe der
Nordsee, Winter, tiefer grauer Himmel, die Arbeit ist erledigt, weit
und breit niemand da zum Reden. Was tun? Seine Eltern haben ihm
wenige Monate zuvor – nach einem arbeitsreichen Leben – den Hof
vermacht und sind Richtung Süden aufgebrochen, dabei sind sie leider
von der Fahrbahn abgekommen.
Jetzt ist Jan allein und auf sich
gestellt. Durch eine Kontaktanzeige, pragmatisch formuliert, lernt er
Wil kennen. Sie sucht nicht den Kontakt, nicht die Liebe, sondern
Ruhe von dem Stadtleben und ein Haus mit Meerblick. Zwei Menschen mit
unterschiedlichstem Naturell versuchen zusammen zu finden. Komisch,
berührend und gar nicht so fremd ist diese Geschichte von
„Sehnsucht, Träumen und Einsamkeit“ (Het Parool).
Im spießig verklemmten England der
Sechziger verliebt sich der 19jährige Paul in die fast 30 Jahre
ältere, verheiratete Susan. Nach außen hin ist Paul Susans
Tennispartner, doch schon bald durchschaut ihr Umfeld die Fassade.
Susan wird in ihrer Kleinstadt vor den Toren Londons zur „persona
non grata“, Pauls Eltern sind überfordert und reagieren mit
Sprachlosigkeit und Ignoranz. Doch die beiden genießen die
gesellschaftliche Ausgrenzung beinahe und auch Susans
leidenschaftsbefreitem Ehemann bleibt schließlich nichts anderes
übrig, als die Beziehung der beiden zähneknirschend zu tolerieren.
Fast ein Jahrzehnt bleiben Susan und Paul zusammen.
Barnes´ Roman ist in drei Teile
gegliedert und während der erste vom Liebesrausch des Anfangs
erzählt, so der zweite vom Scheitern der Beziehung und der dritte
vom Leben danach, auf das der fast 70jährige Paul am Ende
zurückblickt.
Ein großartig erzählter Roman über
Glück und Schmerz einer großen Liebe, die Barnes im Kontext einer
bestimmten Zeit und Gesellschaft klug und zuweilen fast philosophisch
reflektiert.