Hanser Verlag 2022 / Geb. / 128 Seiten / 19 € Eine Empfehlung von Nina Schramm
Auf die Neuerscheinungen von Abbas Khider bin ich immer sehr gespannt. Seine Romane sind authentisch und emotional, ohne Pathos. 1973 in Bagdad geboren, wurde er bereits mit 19 Jahren wegen seiner politischen Umtriebe verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner Entlassung 1996 floh er aus dem Irak, bereiste verschiedene Länder und lebt seit 2000 in Deutschland, wo er Literatur und Philosophie studiert hat.
Sein neuester Roman „Der Erinnerungsfälscher“ erzählt von Said Al-Wahid, der nach seiner Flucht aus Bagdad nun in Deutschland angekommen ist. Saids Weg durch Amtsschimmel und Behördenwillkür ist alles andere als einfach. Als er eines Tages die Nachricht erhält, dass seine Mutter im Sterben liegt, kehrt er nach Bagdad zurück. Die Begegnung mit seiner Familie und die Rückkehr zu den Orten seiner Kindheit wecken in ihm verdrängte Erinnerungen. Von diesen erzählt der Autor in Rückblenden, immer in dem Gefühl, dass die dabei hervorgerufenen Emotionen ihn gleich zerreißen könnten und er seinen eigenen Erinnerungen nicht immer trauen kann. „Autofiktional“ nennt sich diese Form des Erzählens, in der nicht alle Fakten aus dem eigenen Leben erzählt werden, aber dennoch alles Erzählte wahr ist. Abbas Khider ist ein kluger, geistreicher Beobachter, der niemals das Lächeln vergisst. In seinem neuen Roman spielt er geschickt mit den Ebenen von Realität und Fiktion und hat mich mit seinem Blick auf seine zwei Welten, im Irak und in Deutschland, wieder in seinen Bann gezogen.